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Jedes 7. Kind in Deutschland ist arm

Der Arbeitsmarkt an sich hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt. Die Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit (BA) weisen ebenfalls geringere Zahlen für Kinder auf, die zwischen 2006 und 2011 Hartz IV bezogen haben. Allerdings muss hier berücksichtigt werden, dass in dem gleichen Zeitraum die Zahl der Gesamtkinder deutlich zurückgegangen ist.

An der Kinderarmut ist die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt vorbei gegangen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) bezeichnet es daher als Skandal, dass in einem reichen Land wie Deutschland jedes 7. Kind als arm bezeichnet werden muss. Der Anteil der Kinder, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, liegt seit Einführung von Hartz IV auf einem gleich bleibend hohem Niveau. Der BVKJ beklagt zudem, dass die Zahl der emotional verarmten Kinder in Deutschland stark zugenommen hat. Diese Kinder werden aber in keiner Statistik berücksichtigt.

Bei der Kinderarmut gibt es große regionale Unterschiede. Die Quote armer Kinder in Ostdeutschland ist nach wie vor höher als in Westdeutschland, aber auch hier gibt es in den letzten fünf Jahren beispielsweise im Ballungsraum Ruhrgebiet und in Berlin stetig ansteigende Zahlen. Auch im wirtschaftstarken Baden-Württemberg muss mittlerweile jede dritte Alleinerziehende mit Hartz IV auskommen. Am stärksten betroffen sind weiterhin Kinder unter drei Jahren in Berlin. In Bayern leben am wenigsten Kinder, die als arm bezeichnet werden können. Studien zeigen auch, dass kinderreiche Familien und Alleinerzeihende unabhängig vom Wohnort oder wirtschaftlichem Umfeld besonders armutsgefährdet sind.

60.000 Kinder in Deutschland müssen jedes Jahr die Schule ohne Schulabschluss verlassen. Viele dieser Kinder kommen aus Hartz-IV-Familien. Doch ohne Schulabschluss sind die Chancen auf dem Arbeitsmarkt gleich Null. Die Armutsspirale dreht sich also weiter, die Kinder können der Armutsfalle nicht entrinnen oder gesund aufwachsen.

So fordern der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und der Paritätische Gesamtverband eine arbeitsmarktpolitische Kehrtwende, eine Reform des Kinderzuschlags sowie der Hartz-IV-Leistungen selbst. Neben einer kräftigen Erhöhung der Kinderregelsätze sind auch eine echte schulische Bildungsoffensive von Nöten sowie ein Rechtsanspruch auf Teilhabe an Freizeitaktivitäten beispielsweise in Sportvereinen, Musikschule oder Ferienfreizeiten. Außerdem werden bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten gefordert. Da 50 Prozent alleinerziehenden Frauen keinen Berufsabschluss haben, muss es zudem passgenaue Hilfen bei der Qualifizierung und öffentlich geförderte Beschäftigungsangebote geben.

Auch die Bundesagentur für Arbeit räumt in ihren Auswertungen ein, dass es bisher nicht überall gelungen ist, Arbeitsmarkt und Sozialpolitik intelligent aufeinander abzustimmen. Hier ist ein noch besseres Zusammenspiel von Kindergärten, Schulen, Kirchen, Unternehmen, Wohlfahrtsverbänden und kommunaler Jugendhilfe notwendig. Gelingt dies nicht, besteht die Gefahr, dass sich Armut weiter vererbt, dass heißt, sich Hartz-IV-Strukturen in zweiter oder dritter Generation bilden.

Redaktion e|pat|in®


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